Bilder sind stets abhängig von ihren kulturellen, wissenschaftlichen und ideologischen Ausdeutungen, die immer auch Ordnungen des Wissens installieren. Auf medienspezifische Weise tragen sie so zur Konstruktion und Stabilisierung, aber auch zur Demontage von Geschlechterordnungen bei. Bilder werden aber zumeist deshalb einer Kritik unterzogen, weil sie als Instrumente der Durchsetzung und Sicherung bestimmter Machtpositionen fungieren. Zweifellos ist eine solche Bildkritik wichtig. Der Workshop möchte diese Perspektive jedoch auf eine bestimmte Weise umkehren. Er soll weniger einer „Kritik des Bildes“ nachgehen, als vielmehr die impliziten „kritischen Möglichkeiten des Bildes“ beleuchten.
Der Workshop verbindet Fragestellungen aus den Bildwissenschaften, die spezifische Charakteristika des Mediums diskutieren, mit denen der Geschlechterforschung, die den Mechanismen von Identitäts- und Geschlechterhierarchien nachgehen. Er schließt an Debatten über den Charakter des Bildes an und verbindet diese explizit mit den Diskussionen über die Konstruktion von Identität. Ziel ist es, durch die Kombination der beiden Forschungsfelder die wissenschaftliche Methodik zur Analyse der in den visuellen Kulturen wirksamen Mechanismen sowie die Bedingungen ihrer Materialität weiter auszubauen und zu präzisieren.
Das Hauptaugenmerk der Veranstaltung liegt dabei auf Beispielen, die sich mit Problematiken von Geschlechterrollen und Identität befassen. Denn geht man davon aus, dass Bilder eine besondere Rolle bei der Erzeugung von Subjekten spielen, gilt es folgendes zu prüfen: Sind den Bildern selbst kritische Potentiale inhärent, die von den Absichten der Produzenten oder der kulturell dominierenden Deutung unabhängig sind? Bringen Bilder ein Vermögen mit, das stets die Gefahr und die Möglichkeit eines Scheiterns nach sich zieht?
Das Scheitern einer Ordnung der Geschlechter sowie des Bildes wird somit zu einem interessanten Gegenstand der Untersuchung. Denn Scheitern ist nur im Hinblick auf eine Norm möglich. Die Diskrepanz zwischen dem Ideal und der aktuellen Realisierung löst das aus, was man als „produktive Krise“ bezeichnen könnte. Aber welche strategischen, strukturellen oder ästhetischen Potentiale bringt das Medium Bild mit sich, um eine Kritik an dem zu üben, was das Bild eigentlich zur Anschauung bringen sollte? Wo genau liegen die Brüche zwischen Intention und der Eigendynamik des Mediums? Wie sind diese Potentiale für eine Kritik an Geschlechterordnungen und Machtbeziehungen nutzbar?
Wird das Bild in einen Zusammenhang mit medialen, intentionalen, institutionellen, produktionsästhetischen und apparativen Aspekten gestellt, deutet sich die Vielzahl möglicher Untersuchungsebenen an. Es wird deutlich, dass sich die Fragestellung weder auf ein bestimmtes, einzelnes Bildmedium noch auf bestimmte Nutzungszusammenhänge einschränken lässt, sondern nach einem intensiven Austausch auf einer breiten methodischen und theoretischen Basis verlangt.